Schöpfungsgemäß leben – der Strich durch die Rechnung

Wie geht das als Gemeinde?

„Sechs Tage sollst du arbeiten und all dein Werk verrichten. Doch der siebte Tag gehört Adonaj, deiner Gottheit. Da verrichte keinerlei Werk, weder du, noch dein Sohn und deine Tochter, noch dein Sklave und deine Sklavin, noch dein Rind, dein Esel und all dein Vieh, noch deine Fremdlinge in deiner Stadt, damit dein Sklave und deine Sklavin ihre Ruhe haben, so wie du.“
5. Buch Mose 5,13f. (Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache)

Es ist für mich der schönste Schöpfungstext, der oben steht – und ich lese ihn in der Verbindung mit der ersten Schöpfungsgeschichte, in der Gott selbst am siebten Tag ruht von seiner Schöpfungsarbeit.
Was bedeutet es, zu ruhen und den Feiertag zu heiligen?
Es bedeutet, sich unterbrechen zu lassen. Es bedeutet, sich zu wehren gegen eine vollständige Aufrechnung des Lebens in Leistung: das Volk Israel, Tiere, Sklaven, Fremdlinge – alle sollen ruhen. Alle leben nicht nur, um irgendwem zu nützen, sondern auch einzig und allein als Gegenüber zu Gott. Man kann von der Würde alles Lebendigen sprechen: Unser Leben lässt sich nicht aufrechnen; das Leben von Sklaven nicht (heute gibt es weltweit mehr als 50 Millionen Sklaven; Frauen und Kinder sind besonders gefährdet) – und Tiere sind eben nicht nur Nutztiere, sondern auch Geschöpfe. Allen ist es geboten, sich auszuruhen und ihre Lebendigkeit im Gegenüber zu Gott zu hegen und zu pflegen.
Eine solche Lebensauffassung stellt unser persönliches Leben infrage (Lasse ich mich unterbrechen?), hinterfragt unseren Umgang mit unseren Mitmenschen (Gönnen wir auch der Näherin unserer T-Shirts ein Leben mit genügend Einkommen und Erholungszeiten?) und hinterfragt schließlich auch unsere Nutzung von Böden, Wäldern, Meeren samt ihren Tieren. Solche Fragen stellen unsere Art zu leben und zu wirtschaften radikal infrage, denn derzeit übernutzen wir die Ressourcen dieser Welt erheblich.
Der Weltübernutzungstag zeigt an, wann die menschliche Nutzung die Möglichkeiten der natürlichen Reproduktion übersteigt. Ab diesem Zeitpunkt haben wir die natürlichen Ressourcen für ein Jahr als Menschheit bereits verbraucht. Wenn alle Menschen so leben würden wie wir in Deutschland, hätten wir bereits am 4. Mai alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht (Daten von 2023). Im weltweiten Durchschnitt lag der Weltübernutzungstag 2022 am 28. Juli. Wir leben auf Kosten anderer: Derer, denen wir heute schön keine oder zu wenig Ruhe gönnen und kommender Generationen. Wir erschöpfen die Schöpfung. Nachhaltig ist das nicht (bei Interesse: https://www.germanwatch.org/de/overshoot).

Was bedeutet es für uns als Gemeinde, schöpfungsgemäß und nachhaltig zu leben? Ich freue mich, dass der Gemeindekirchenrat ein Konzept erarbeitet hat, in dem er konkrete Schritte vorschlägt: Nachhaltiger Einkauf, Ökostrom, Baumpatenschaften im Viertel – um nur einige Beispiele zu nennen.

Machen Sie sich mit uns auf den Weg! Wer Interesse hat, an dem Thema mitzuarbeiten oder mehr zu erfahren, kann sich gern bei Lydia Schubert (ly.schu@gmx.de) oder im Gemeindebüro melden.

Lydia Schubert